OZ vom 29.06.2015
Zum 14. Mal hat der Stralsunder Kanuclub den Hiddensee-Marathon organisiert. Die Vorbereitungen begannen bereits im Januar.In 48 Kajaks begaben sich 70 Paddler auf die 70-Kilometer-Distanz. 15 Begleitboote mit insgesamt 70 Helfern sorgten für die Sicherheit.
Mit an Bord war die OZ. Ergebnis: verdammt anstrengende Angelegenheit.
Morgens um 6 Uhr beim Start der ersten Gruppe bin ich nur froh, mich nicht mit einer Kenterung zu blamieren, als ich das erste Mal in meinem Leben in ein Kajak steige und dem Feld hinterher paddele. Doch Henning Winkler, sozusagen mein Personal Trainer an diesem Tag, ist recht zufrieden, während er im Motorboot neben mir her tuckert. 'Du hast jetzt ungefähr die Hälfte der Geschwindigkeit drauf, die die Schnellsten sonst paddeln', ruft er mir aufmunternd zu.
Unglaubliche zwölf Kilometer schaffen die Wassersportler in der Stunde. Das kann ich später von dem wesentlich entspannteren Platz auf dem Motorboot aus beobachten. Darunter die Jungs, die auf dem sogenannten Outrigger sitzen. Sechs Männer in einem Boot mit einem Ausleger, der für mehr Stabilität sorgen soll.
Etwa alle halbe Stunde beginnt das Schauspiel des Crewwechsels. Von einem Begleitboot springen drei Leute ins Wasser, schwimmen zu dem weiter paddelnden Boot und während die drei Auszutauschenden sich nach rechts aus dem Boot fallen lassen, versuchen die drei 'Neuen' von links während der Fahrt einzusteigen.
Warum tun die sich das alle eigentlich an, frage ich mich wiederholt. 'Das kann man nicht rational beantworten', sagt Walter Nelson, während er vor Neuendorf ostseeseitig eine kurze Pause einlegt.
Der Wiesbadener ist zum zweiten Mal dabei, freut sich über die angenehmen Bedingungen. 'Es ist eine Herausforderung und man riskiert trotzdem nicht Kopf und Kragen.'
Für ein sicheres Gefühl sorgen die zahlreichen Helfer. Auf 15 Booten sind rund 70 Leute unterwegs, die ein wachsames Auge auf das Feld werfen. So wie Henning Winkler, der selbst seit seinem siebten Lebensjahr paddelt. 'Den Marathon habe ich bereits öfter mitgemacht, seit fünf Jahren bin ich jetzt beim Orga-Team dabei', sagt der 28-Jährige.
Wir halten auf Maik Lojak zu. Der Rostocker fragt: 'Könnt ihr mich reinholen?' Henning hilft Maik gemeinsam mit Tom Thieding ins Boot. 'Ich habe Krämpfe in den Unterarmen, kann das Paddel nicht mehr halten', sagt Maik erschöpft. Er verneint meine Frage, ob es nicht deprimierend sei, zwölf Kilometer vor dem Ziel aufzugeben. 'Ich weiß ja, was noch kommt. Die letzten zehn Kilometer hören nie auf.'
Wir bringen Maik zu einem größeren Boot, das ihn und sein Kajak aufnimmt und unsere Fahrt geht weiter. Norbert Pieperbeck braucht etwas Wasser. Bei Jessika Zornack aus Kellinghusen sei zwar alles gut, 'nur sitzen kann ich nicht mehr richtig', sagt sie mit einem Lachen. Und Markus Müller vom Stralsunder Kanuclub erklärt mir, dass er sich mit Musik motiviert: 'Da ist von Rammstein bis Howard Carpendale alles dabei.' Bei wenig Wind bleibt für die Sportler sogar Zeit, die fantastische Aussicht am Dornbusch zu genießen oder eine Pause am Strand einzulegen. Zu diesem Zeitpunkt ahnen wir noch nichts von den dunklen Gewitterwolken, die am Nachmittag aufziehen und die Wettfahrtleitung wie schon im vergangenen Jahr dazu zwingen, das Rennen abzubrechen. 'Zehn Paddler haben wir vom Wasser holen müssen', sagt Sören Baumeister vom Stralsunder Kanuclub später. Er organisiert die Veranstaltung.
Die schnellste Zeit paddelte am Ende Vorjahressieger Michael Dobler. Er umrundete in nur sechs Stunden Hiddensee. Viel Zeit für den Blick auf den Dornbusch wird er sich nicht genommen haben.